Sperlingslust

Gudrun Hammer Sperlingslust Ob sie den Mann gesehen habe, der so schnell zum Ausgang lief. Diese Frage stellte ich Verena nicht. Vor unzähligen und noch mehr Wegen hatte ich sie gefragt, ob sie die Maus sah. „Wo denn?“ Zusammen standen wir vor dem Grab und warteten darauf, dass sie sich wieder zeigte. Sie tat uns den Gefallen, flitzte am Stein entlang und verschwand auf Nimmerwiedersehen im Efeu. Da waren wir noch im Hellen unterwegs. Viel blauer Himmel zwischen den Baumkronen. Mittlerweile suchten wir das Grab unserer Freundin im alten Teil…

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Im Garten

Marita Lamparter Im Garten Clarissa fragte sich, ob das wirklich eine gute Idee war, die beiden Nachbarjungs von drüben zu bitten, die Gartentische, Stühle und Bänke aufzustellen. Denn sie sah jetzt, dass die Jungen ungelenk, mit zu viel Kraft und knallenden Geräuschen die Biergartenbänke wuchteten als seien es Brückenpfeiler, dazu machten sie alberne Bemerkungen und Handyfotos. Ich muss unbedingt in ihrer Nähe bleiben und die beiden dirigieren, sonst kann ich später alles wieder neu aufstellen, dachte sie. Die Brüder Jonas und Kasper waren wie angestochen vom Honorar und der jugendlichen…

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Doppelter Frühling

Renate Langgemach Auszug aus meinem Roman Doppelter Frühling, Edition Contra-Bass. Lou ist in Venedig. Sie läuft durch die Hintergassen und nach San Marco, ihr Blick getrübt (oder eher geklärt?!!), weil sie zurückgewiesen wurde von ihrem venezianischen Liebhaber. Ein Pfahl steckt im Wasser. Wenn eine Welle kommt, schwankt er. Ein Stein schwankt auf dem Pfahl. Das Haus schwankt. Das Bett schwankt. Ich mit ihm. Mein Nachtschrank schwankt, der Spiegel, die Karren, die hier überall durch die Gassen rumpeln, zehn Kisten Cola ins Falzone. Und noch mal zehn Kisten. Es ist Zeit…

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Unterwegs in Ottensen

Marita Lamparter Unterwegs in Ottensen Clarissa geht in Ottensen auf den Markt. Sie möchte Blumen für ihr Sommerfest einkaufen, dabei trifft sie zufällig ihren Freund Jens und ihre Freundin Ingrid. An diesem Tag denkt sie immer wieder an ihre alte Liebe Peter, den sie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat und den sie auch zu ihrem Fest eingeladen hat. Clarissa, Festvorbereitungen, eine alte Liebesgeschichte – es dauert nicht allzu lang, bis der Groschen fällt. Es ist ein Spiel mit Motiven und Konstellationen: Die Clarissa, die in einem Hamburger Stadtteil…

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Jerry kurzes Kichern

Renate Langgemach Jerry kurzes Kichern Wer geht schon gern auf die Reeperbahn außer den Unermüdlichen aus Essen oder Bottrop. An schwankenden Gestalten vorbei, Pisspfützen, spuckenden Youngsters und Gyrosgeruch, an Einladungen zum Sex unter Neongegröl und anzüglichen Blicken. Weggucken heißt es. Bloß nicht hingucken. Sonst könnte man angesprochen werden oder im schlimmsten Fall in eine Schlägerei verwickelt. Weil Rita schon lange darauf bestand, mache ich heute eine Ausnahme. Sie sagt, die Reeperbahn ist der geschützteste Ort in ganz Hamburg, soviel Bullen wie da findest du nirgends, die Nutten machen noch den…

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Keine Einkehr

Gudrun Hammer Keine Einkehr Die Kellnerin seufzt und lächelt. Als warte sie seit Stunden auf Bettina. Kommen Sie hinter den Tresen. Hier die Stufen runter. Holztäfelung, gedämpftes Tageslicht durch Butzenscheiben, zwei lange Tafeln, eine unbenutzt. Die andere ein Trümmerfeld. Zusammengedrückte Bierdosen, Kippen rund um den Aschenbecher, ein umgekippter Kerzenleuchter, Bierflecken neben halb vollen Gläsern, leere Cognacschwenker. Das sind die Herren. Sie lächelt noch einmal, dieses Mal, als bitte sie Bettina um Verzeihung, und flieht nach oben. Zwei oder drei stehen mühsam auf. Halten sich am Stuhl fest, am Tisch, die…

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Auf dem Biomarkt

Marita Lamparter Auf dem Biomarkt Die Herbstsonne scheint auf den kleinen Marktplatz. Vor einiger Zeit wurden die alten Platanen gefällt und die Sonne stellt die Stümpfe bloß. Clarissa ist spät dran, sie ist fast immer spät dran: Vor dem Gemüsestand steht schon eine Schlange. Eine junge Frau schiebt den Kinderwagen so energisch zur Seite, dass sie damit Clarissa über die Füße fährt. Sie entschuldigt sich nicht, hier haben junge Mütter mit Kinderwagen immer grünes Licht und Vorfahrt. Ottenser Gereiztheit liegt in der Luft. Vielleicht geht es am Backstand schneller. Vor…

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Als es vorbei war 7

(Credits to Gudrun Hammer) Susanne Neuffer Als es vorbei war 7 ...war Flora (so erzählte sie mir) gut auf die Wiederkehr des Gewohnten vorbereitet: Sie hatte ihre Garderobe sorgfältig überprüft und teilweise erneuert, ein frühes Date beim Friseur erkämpft, ihr Fahrrad geputzt und eine Dauerkarte bei der Hochbahn geordert. Sie wollte keinesfalls Kalorien zählen oder besonders sparsam oder wählerisch sein, denn nun war ja die Zeit der lebendigen Treffen, der Cafébesuche und des Abhängens in kleinen Bars gekommen. Sie war bereit, den Menschen entschieden und vergnügt gegenüberzutreten. Mit ihrer früheren…

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Auf hoher See

Renate Langgemach liebäugelt mit dem Untergang: Auf hoher See Den Titel übrigens hat sie sich beim absurden Theater von Slawomir Mrozek ausgeliehen. Auch die Großen, Majestätischen, können wie eine Nussschale sinken, in die das Wasser einläuft, während man nach Backbord strauchelt um es auszuschöpfen. Durch diese Bewegung schluckt das Boot noch einmal kräftig und taumelt in die Tiefe. Wenn man Glück hat, erwischt man ein Ruder oder die mit Kork ausgeschlagene Vorratskiste und hält sich über Wasser, bis man gerettet ist. Als die Meldung kam, hatte der Kapitän die Eisnadel…

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Welches Schiff

Marita Lamparter hat sich für einen Anfang entschieden: Welches Schiff kommt heute vorbei? Das Schleusenhäuschen. Es war ein kleines eingeschossiges Haus aus roten Backsteinen mit einem fast quadratischen Grundriss. Darin saß der Schleusenmeister, der mit seinen Hebeln die großen Schleusentore in Bewegung setzen konnte. Obwohl das Schleusenhäuschen klein war, höchstens drei Menschen konnten sich gleichzeitig darin aufhalten, strahlte es dennoch Wichtigkeit und Bedeutung aus, denn es stand oberhalb der Schleuse, es konnte vom Wasser schon von weitem gesehen werden und bot den Überblick über Schleuse und Brücke. Die Schiffe kamen…

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