Heute kein Ausflug

Heute kein Ausflug Kati ist im Krankenhaus. In der psychiatrischen Abteilung. Sie geht den Flur auf und ab. Ganz nah an der Wand entlang. Das Krankenhaus wird umgebaut. Wegen der Umbauarbeiten gibt es zur Zeit keinen Garten für die Patienten. Kati bleibt vor der verschlossenen Eingangstür stehen und kratzt an dem Schild für die Besucher. Auch wenn sie von drinnen die Worte nicht lesen kann, weiß sie doch was darauf steht „Besuchszeiten von 16:00-18:00 Uhr.“ Darunter hat jemand mit Tesafilm einen Hinweiszettel gehängt: „Heute kein Ausflug.“ Die Schwestern und Pfleger…

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Der Preisskat

Marita Lamparter Nicht alles was lecker aussieht, schmeckt auch und wenn es noch so gut gemeint ist wie hier in der Geschichte aus den Anfangszeiten des Wirtschaftswunders. Der Preisskat Die Dorfkinder drücken sich die Nase an der Schaufensterscheibe platt, aber auch die Erwachsenen gucken neugierig, denn im Schaufenster des Metzgers steht ein großer Präsentkorb aus goldenem Geflecht. „Ob man den Korb tragen kann, der Henkel ist ganz zierlich.“ Das Gebilde ist gefüllt mit Weinflaschen aus dem Moselgebiet, einer Flasche Mariakron, auf der anderen Seite steht eine Ananas mit ihrer spitzen…

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Regen in Italien

Regen in Italien Blick von der Dachterrasse ins Tal. Regen trommelt auf das kleine Wellblechdach des Wintergartens. Der graue Himmel ist eins mit dem Nebel im Tal. Der Bergkamm ist kaum noch zu sehen, nur dunkle Schatten wie große ruhende Tiere. Gegenüber ist eine Baustelle, die Plane auf dem Dach flattert trotz der aufgelegten Steine. Die alten Häuser mit ihren scheckigen Dachziegel sehen im Regen trostlos aus. Das Tropfen und Trommeln des Regens zerrt an den Nerven. Dabei regnet es erst seit heute Mittag. Am besten legt man sich ins…

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Eine bescheidene Landschaft

Marita Lamparter: „Kurze Texte sind für mich Momentaufnahmen wie ein Foto.“ Eine bescheidene Landschaft An der Flusswindung stehen mächtige Weiden. Ihre Äste reichen tief ins Wasser. Die breite Flussaue ist grün, üppig bewachsen, aber hier geht’s nicht weiter, die Nutzflächen reichen bis zum Ufer. „Landwirtschaft“, denkt sie, „und wirklich ein bescheidener Fluss.“ Sie schaut zum Ufer, hier fließt die Lippe, glitzert blau vom Zulauf der Pader, fließt weiter, fast unbemerkt auf verschlungenen Wegen durch diese unspektakuläre Landschaft und verschwindet im Rhein. Stille, blauer Himmel und die weißen Wolken hängen tief.…

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Im Garten

Marita Lamparter Im Garten Clarissa fragte sich, ob das wirklich eine gute Idee war, die beiden Nachbarjungs von drüben zu bitten, die Gartentische, Stühle und Bänke aufzustellen. Denn sie sah jetzt, dass die Jungen ungelenk, mit zu viel Kraft und knallenden Geräuschen die Biergartenbänke wuchteten als seien es Brückenpfeiler, dazu machten sie alberne Bemerkungen und Handyfotos. Ich muss unbedingt in ihrer Nähe bleiben und die beiden dirigieren, sonst kann ich später alles wieder neu aufstellen, dachte sie. Die Brüder Jonas und Kasper waren wie angestochen vom Honorar und der jugendlichen…

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Schwein gehabt

Marita Lamparter Schwein gehabt (aus: Dorfgeschichten)   Gleich nebenan ist der Schweinestall. Das Holz ist schon spröde und grau verwittert. Im Stall gibt es eine Wäscheleine für Wäschestücke, die nicht jeder sehen soll. Die Wäsche riecht gut, wenn sie abgenommen wird und in der Küche liegt. Zum Schweinestall gehört das Freigehege, ein buckliges matschiges Gelände, dort liegen die Schweine in der Sonne. Ein friedliches Bild. Sylvia hört ihr Grunzen. Obwohl sie ein ängstliches Kind ist, geht sie gerne zum Schweinestall, sie sitzt auf dem Zaun. Die Schweine grunzen und wühlen…

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Unterwegs in Ottensen

Marita Lamparter Unterwegs in Ottensen Clarissa geht in Ottensen auf den Markt. Sie möchte Blumen für ihr Sommerfest einkaufen, dabei trifft sie zufällig ihren Freund Jens und ihre Freundin Ingrid. An diesem Tag denkt sie immer wieder an ihre alte Liebe Peter, den sie seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat und den sie auch zu ihrem Fest eingeladen hat. Clarissa, Festvorbereitungen, eine alte Liebesgeschichte – es dauert nicht allzu lang, bis der Groschen fällt. Es ist ein Spiel mit Motiven und Konstellationen: Die Clarissa, die in einem Hamburger Stadtteil…

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Auf dem Biomarkt

Marita Lamparter Auf dem Biomarkt Die Herbstsonne scheint auf den kleinen Marktplatz. Vor einiger Zeit wurden die alten Platanen gefällt und die Sonne stellt die Stümpfe bloß. Clarissa ist spät dran, sie ist fast immer spät dran: Vor dem Gemüsestand steht schon eine Schlange. Eine junge Frau schiebt den Kinderwagen so energisch zur Seite, dass sie damit Clarissa über die Füße fährt. Sie entschuldigt sich nicht, hier haben junge Mütter mit Kinderwagen immer grünes Licht und Vorfahrt. Ottenser Gereiztheit liegt in der Luft. Vielleicht geht es am Backstand schneller. Vor…

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Welches Schiff

Marita Lamparter hat sich für einen Anfang entschieden: Welches Schiff kommt heute vorbei? Das Schleusenhäuschen. Es war ein kleines eingeschossiges Haus aus roten Backsteinen mit einem fast quadratischen Grundriss. Darin saß der Schleusenmeister, der mit seinen Hebeln die großen Schleusentore in Bewegung setzen konnte. Obwohl das Schleusenhäuschen klein war, höchstens drei Menschen konnten sich gleichzeitig darin aufhalten, strahlte es dennoch Wichtigkeit und Bedeutung aus, denn es stand oberhalb der Schleuse, es konnte vom Wasser schon von weitem gesehen werden und bot den Überblick über Schleuse und Brücke. Die Schiffe kamen…

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